Rechtschreibreform in der Praxis: „Dieser Missstand ist gräulich“
Pressemitteilung des VRS vom 7.10.2001 (VRS-Jahreshauptversammlung 2001, neuer Vorsitzender des VRS)
Frankfurt/M., 7. Oktober 2001: In Frankfurt traf sich an diesem Wochenende der Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e. V. (VRS) zu seiner jährlichen Hauptversammlung. Der VRS hat das Ziel, den hohen Entwicklungsstand der deutschen Sprache zu bewahren und sie vor willkürlichen Eingriffen zu schützen.
Nach der jüngsten repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach halten sich nur 13 % der Bevölkerung an die neuen Regeln; 64 % sehen keinen Grund, auf die neuen Schreibungen umzusteigen (o. V. 2000). Die Frankfurter Allgemeine Zeitung kehrte inzwischen zu den bisherigen Schreibungen zurück.
Aufgrund dessen und auch vieler anderer repräsentativer Umfragen, der zahlreichen Volksinitiativen, Volksbegehren und Gerichtsverfahren gegen die Rechtschreibreform und vor allem des Volksentscheides in Schleswig-Holstein vom 27. September 1998 hätten Reformer und Politiker zu der Schlußfolgerung gelangen müssen, daß die der Schule aufgezwungene Rechtschreibreform die von den Reformern und Kultusministern unterstellte Akzeptanz nicht besitzt und daher nicht selbstdurchsetzend, sondern selbstboykottierend und wegen ihrer Mängel selbstzerstörend ist. Auch die Tatsache, daß selbst größere Verlage gar nicht erst auf Neuschrieb umgestiegen sind, beweist die Nichtakzeptanz der Reform.
Einige Verlage schämen sich offenbar der Reform und rechtfertigen die Kosten für Neudrucke mit der Begründung, daß sowieso eine Nachauflage notwendig gewesen sei. Dem VRS liegen Schätzungen vor, denen zufolge bis heute reformbedingt mehrere Milliarden Mark Steuergelder ausgegeben worden sind. Bereits heute steht fest, daß es spätestens im Jahr 2005 eine Reform der Reform geben soll, die wiederum neue Kosten verursachen wird.
Daß der VRS eine vernünftige und gute Sache vertritt, dokumentiert nicht zuletzt die Verleihung des diesjährigen Deutschen Sprachpreises der Henning-Kaufmann-Stiftung an Prof. Theodor Ickler, den der Sprachwissenschaftler maßgeblich für seine kompromißlose Kritik an der Rechtschreibreform entgegennehmen durfte.
Im Rahmen seiner turnusmäßigen Vorstandswahlen berief der VRS mit dem 28jährigen Christian Melsa erstmals einen neuen Vorsitzenden. Der 63jährige bisherige Vorstandsvorsitzende und verdienstvoller Mitbegründer des VRS, OStR i. R. Manfred Riebe, kandidierte aus familiären und gesundheitlichen Gründen nicht mehr für den Vorsitz.
Zurück zur Übersicht
|